In der einst zweitgrößten Gemeinde des Gerichtsbezirks (Stuhl) von Hermannstadt (Sibiu) entstand aus der romanischen Kirche durch Neubau eines polygonalen Chores mit zwei Seitenkapellen im 14. Jh. sowie Umbau des Mittelschiffes im 15. Jh. eine lichte Hallenkirche. Der 1480 beauftragte bedeutende Baumeister Andreas Lapicida ließ die Seitenschiffe erhöhen und die Arkaden zum Mittelschiff durch Pfeiler ersetzen. Über dem Mittelschiff entfaltet sich ein spätgotisches Netzgewölbe. Der romanische Westturm wurde im Zuge der Befestigung mit einem Wehrgeschoss erhöht, das später durch das heutige Turmdach ersetzt wurde. Der doppelte Bering schließt einen schmalen Zwinger ein, der um 1550 auf der Nordseite durch einen weiteren Vorhof erweitert wurde. Die überwiegend aus dem 18. Jh. stammende Innenausstattung findet ihren Höhepunkt in dem üppig verzierten Barockaltar von 1729. Großau gehört zu den drei Dörfern, die ab 1756, nach der Entvölkerung durch Pestepidemien, von Wien aus mit Protestanten – den Landlern – zwangsbesiedelt wurden.
Ort
Großau entstand in der Mitte des 12. Jh. und ist damit nicht nur eine der ersten sächsischen Ortschaften Siebenbürgens, sondern auch rund 100 Jahre älter als Berlin oder München. Die Siedlung entwickelte sich vor den Toren Hermannstadts schnell zu einer der größten Gemeinden der Region. Aus der Mitte des 17. Jh. wird von einem einschneidenden Ereignis berichtet: Ein großes Türkenheer, das von Hermannstadt nach Weißenburg (Alba Iulia) zog, konnte von einem Adligen dazu bewegt werden, kampflos an der Kirchenburg von Großau vorbeizuziehen. Nachdem jedoch ein betrunkener Großauer auf die Truppen schoss, erstürmten diese die Kirchenburg. Dabei gelang es den Angreifern nicht, den Kirchturm, in dem sich die Dorfbewohner verschanzt hatten, einzunehmen. Deshalb entzündeten sie Holz und Stroh an dessen Fuß und erstickten so die Verteidiger. Danach wurde die ganze Gemeinde niedergebrannt. In der heutigen Zeit werden die Kirchenburg und das umgebende Dorf alljährlich aus der Luft eingenommen: Etliche Storchenpaare bauen hier ihre Nester und ziehen jedes Jahr rund 80 Jungstörche auf.