Noch vor nicht einmal zehn Jahren sahen die Perspektiven und Chancen für die Kirchenburg von Irmesch nicht eben vielversprechend aus: Umfassende Renovierungsarbeiten fanden zuletzt 1937 statt und der Zahn der Zeit hatte dem altehrwürdigen, kleinen Gotteshaus hart zugesetzt. Insbesondere das Dach rief förmlich nach Sanierung. Die relativ abgelegene Lage auf der Landkarte und das Fehlen einer lebendigen Kirchengemeinde vor Ort gestalteten die Situation noch schwieriger.
Dass das leidenschaftliche Engagement von Einzelpersonen in der Denkmalpflege entscheidend für das Schicksal eines Gebäudes sein kann, ist in der Kirchenburgenlandschaft an unterschiedlichen Beispielen sichtbar. Eine besonders wichtige Rolle spielt Helga Knall für die Kirchenburg von Irmesch, zumal es für Irmensch keine formelle Heimatortsgemeinschaft (HOG) gibt. Unterstützt wird Helga Knall in ihren Bemühungen vom Arcus-Verein, von der Stiftung Kirchenburgen und dem zuständigen Pfarrer Johannes Halmen. Alle sind sich einig: „Die Kirchenburg von Irmesch muss erhalten bleiben!“
2016 hatte die Initiative von Frau Knall einen ersten, bemerkenswerten Erfolg: Bei einer Notsicherungsaktion durch die Stiftung Kirchenburgen wurden die Schlösser erneuert, Gitter an den Fenstern angebracht und eine Alarmanlage installiert, um ungebetene Gäste fernzuhalten. Gleichzeitig wurden im Rahmen dieser Arbeiten auch Gutachten über Putz und Holz erstellt, bei denen 2017 schließlich Wandmalereien entdecken werden konnten. Restaurator Lóránd Kiss, der vielen Freundinnen und Freunden der Kirchenburgenlandschaft nicht zuletzt durch seine Aktivitäten mit dem Arcus-Verein in Felldorf ein Begriff ist, und Sebastian Bethge vom Team der Stiftung Kirchenburgen berieten mit Frau Knall und man war sich rasch einig, dass die entdeckten Malereien eine enorme kunsthistorische Aufwertung für die Kirche sind und in der Folge größere und nachhaltigere Sicherungsarbeiten erforderlich sein werden.
Während 2017 (Ringmauer) und 2018 (Reinigungsarbeiten) weiter an der Widerinstandsetzung gearbeitet wurde, wurde gleichzeitig beschlossen, dass zur Sicherung allen wertvollen Interieurs, insbesondere auch der Wandmalereien, zuerst eine Grundsanierung des Kirchendaches nötig ist. Im Rahmen des Dächerprogrammes der Stiftung Kirchenburgen wurde diese schließlich 2021 und 2022 durchgeführt.
All dies wäre ohne die hartnäckige und entschiedene Unterstützung von Helga Knall, die bei Landsleuten und Freunden unablässig Spenden für die Arbeiten in Irmesch einwirbt, unmöglich gewesen.
Pflegeprogramm sichert den verbesserten Zustand
Nässe ist in Irmesch seit jeher ein Problem, weswegen bereits während der Arbeiten im Rahmen des Dächerprogrammes auch an einem Drainagesystem gearbeitet wurde. Weil die rechtzeitige Identifizierung von zum Beispiel durch Regenwasser entstehenden baulichen Mängeln immer entscheidend für den Erhalt historischer Bauwerke ist, hat die Stiftung Kirchenburgen 2022 mit Lóránd Kiss vom Arcus-Verein ein Abkommen im Rahmen des Kirchenburgen-Pflegeprogrammes für Irmesch abgeschlossen. Auf diese Weise ist nun dafür gesorgt, dass durch regelmäßige Pflegemaßnahmen zumindest der Ist-Zustand an der Kirchenburg beibehalten wird. Eine große Herausforderung, der in Irmesch wohl nur in Zusammenarbeit mit dem Bürgermeisteramt begegnet werden kann, sind Beschädigungen, die durch Überschwemmungen mangels einer funktionierenden Regulierung der Entwässerung des Dorfes entstehen können. Die Kirchenburg ist an zwei Stellen (straßenseitig und am Bachufer) davon betroffen.
Helga Knall freut sich über den Fortgang der Arbeiten der vergangenen Jahre. Doch an ein zufriedenes Zurücklehnen denkt sie nicht: Im laufenden Kalenderjahr wurden Fensterscheiben erneuert und Sicherungsarbeiten am Turm durchgeführt um Verunreinigungen durch eindringende Vögel zu verhindern. So entwickelt sich – nicht zuletzt dank der durch die Unterstützung von Frau Knall akquirierten Spenden, die mittlerweile einen höheren vierstelligen Eurobetrag ausmachen – in Irmesch ein bis vor kurzer Zeit noch „ungehobener” Schatz im Zwischenkokelgebiet Schritt für Schritt zu einer kulturhistorischen Perle.
Text und Bilder: Stefan Bichler