Im Westen der Stadt
Mit etwa hundert Seelen ist Neppendorf heute eine der größeren, nicht städtischen Gemeinden in der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR). Dabei ist der dörfliche Charakten schon lange nicht mehr so evident, wie einst. Der Ort wurde im Zwanzigsten Jahrhundert politisch-administrativ an die Stadt Hermannstadt angegliedert.
Die evangelische Kirche von Neppendorf ist – wie die überwiegende Mehrheit der Kirchengebäude der EKR in Siebenbürgen – in ihrem Kern ein vorreformatorisches Bauwerk. Als romanische Basilika Ende des 12. Jahrhunderts errichtet, wurde sie noch im Mittelalter zur Kirchenburg ausgebaut. Von dem Bering sind heute jedoch nur noch Fragmente übrig. Besonders auffallend ist der gewaltige Turm, dessen Wände teilweise bis zu drei Meter dick sind. Experten gehen davon aus, dass er sogar älter als die Kirche ist. Im 18. Jahrhundert erlebte Neppendorf besonders bewegte Zeiten: Erst fiel ein großer Teil der Dorfbevölkerung einer Pestepidemie zum Opfer, danach wurden Protestanten aus dem Salzkammergut angesiedelt, die unter Kaiser Karl VI. Und seiner Tochter aus Glaubensgründen aus ihrer Heimat vertrieben worden waren. Die Nachkommen der sogenannten “Landler” haben bis in die Gegenwart ihre ethnografischen Eigenheiten (Mundart, Volkstracht, Bräuche etc.) parallel zur siebenbürgisch-sächsischen Bevölkerung bewahren.
Kirchliches Zentrum von acht Gemeinden
Heute bildet Neppendorf innerhalb der Strukturen der EKR gemeinsam mit sieben anderen Kirchengemeinden einen “Verband von Kirchengemeinden”. In diesem Verband sind neben klassischen Kirchenburgen (z.B. in Großau) auch mittelalterliche Kirchen ohne Wehranlage (z.B. Reussdörfchen) oder Kirchengebäude des 19. Jahrhunderts (z.B. Hamlesch) zu finden.
An der Seite von Pfarrer Dietriche Galter, Hermannstadts ehemaligem Bezirksdechanten, versieht seit wenigen Wochen auch Vikarin Angelika Beer ihren Dienst in der Gemeinde. “Ich bin eine echte Neppendörferin”, behauptet sie mit Fug und Recht, den die Landlerin ist hier aufgewachsen und hat – nach ihrer Übersiedlung nach Deutschland – bereits als Studentin der Theologie den Kontakt zur Heimat niemals abgebrochen. In Berlin befasste sie sich in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie in der Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hauptsächlich mit dem kirchlichen kulturellen Erbe und seiner Vermittlung. Den Entschluss, nach Siebenbürgen zurückzukehren und hier ihr Vikariat zu absolvieren, sieht sie im völligen Einklang damit: “Auch Theologie ist nämlich eine Art der Kulturvermittlung.”