Nach jahrelanger, mühevoller Restaurierungsarbeit glänzt das Tobsdorfer Chorgestühl aus dem 16. Jahrhundert in „neuer“ Frische! Als Standort für das Meisterwerk des Schässburger Schreinermeisters Johannes Reychmut konnte die Mediascher Margarethenkirche gewonnen werden. Am 4. November 2018 wurde das wertvolle sakrale Möbelstück nun an seinem neuen, würdigen Platz feierlich eingeweiht.
Während eines Studienaufenthalts der Hildesheimer Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) unter der Leitung von Dipl.-Rest. Dr. Ralf Buchholz im Jahr 2006 haben die Restaurierungsexperten das Tobsdorfer Chorgestühl in der Kirchenburg von Großau entdeckt. Dort wurde es Jahre zuvor aus Sicherheitsgründen gelagert, da der ursprüngliche Standort in der Kirche von Tobsdorf nicht mehr zu verantworten war. Schädlingsbefall, Schimmel, Feuchtigkeit und fortschreitender Zerfall hatten dem Gestühl bereits sehr stark zugesetzt, sodass es sich buchstäblich um eine Rettung im letzten Augenblick handelte, als die Restauratoren es im Jahr 2010 nach Hildesheim transportierten.
Eine Vielzahl mitarbeitender Studierender und Experten hatte sich seit damals unter der Anwendung modernster wissenschaftlicher und handwerklicher Methoden an der Wiederherstellung des Reychmut-Werkes beteiligt. Von Beginn an wurde das Projekt neben Werkstattleiter Dr. Dipl.-Rest. Ralf Buchholz auch von Prof. Dr. Gerdi Maierbacher-Legl, Susanne Karius und Christine Fiedler betreut. Bei einem KirchenburgenGespräch im Sommer 2017 in Hermannstadt, ein Jahr vor der Fertigstellung der Arbeiten, konnte Dr. Buchholz auf Einladung der Stiftung Kirchenburgen bereits erste Details zum bevorstehenden Projektabschluss schildern. Im Juli 2018 war die Restaurierung schließlich nach sieben Jahren abgeschlossen und die Verantwortlichen konnten das Resultat am HAWK-Campus in Hildesheim einem staunenden Fachpublikum präsentieren.
In der Mediascher Margarethenkirche, die als neue Heimat für das Tobsdorfer Chorgestühl ausgewählt wurde, war zwischenzeitlich ein Ehrenplatz direkt neben der Sakristeitür gefunden worden. Seltene anatolische Teppiche mussten weichen, um für das „neue“ Inventarstück aus dem Jahr 1537 Platz zu schaffen. Die Kronstädter Kunsthistorikerin Dr. Ágnes Ziegler, die in der Honterusgemeinde die Erforschung und Betreuung der berühmten Gebetsteppichsammlung besorgt, organisierte die fachgerechte Abnahme und Lagerung der wertvollen textilen Kunstschätze aus der Margarethenkirche.
Zum Sonntagsgottesdienst am 4. November konnten Besucherinnen und Besucher von nah und fern nun das wunderschöne siebenbürgische Holzkunstwerk bewundern. Zu dem von Stpfr. Gerhard Servatius-Depner, Pfr. Hildegard Servatius-Depner und Pfr. Bettina Kenst gestalteten Gottesdienst predigte Bischof Reinhart Guib – früher selbst Stadtpfarrer in Mediasch –, während die Sonne durch die beiden gegenüberliegenden Südostfenster genau das Tobsdorfer Chorgestühl beleuchtete und im wahrsten Wortsinn frisch erstrahlen ließ. Für den musikalischen Rahmen der Feier sorgte neben Organistin und Chorleiterin Edith Tóth auch Stadtpfarrer Servatius-Depner mit einer sehr persönlichen Violineneinlage.
In den kommenden Wochen können sich Interessierte auch in einer Fachausstellung zur den Arbeiten am Chorgestühl informieren. Die Schautafeln und Exponate der HAWK werden ab dem Frühjahr 2019 im Hermannstädter Friedrich-Teutsch-Haus zu besichtigen sein.
Text und Bilder: Stefan Bichler
Video: www.siebenbuerger.de (via facebook)